Bild- und Vortragsthemen
Henry VIII, Elisabeth I und William Shakespeare, Emanuel Lasker, Prager Hofkunst Rudolfs des II, Bartholomäus Spranger, Tintoretto, Johan Tobias Sergel, Carl Michael Bellman, Alfred Grenander, Tove Jansson, Vuk St.
Karadzic und die Gebrüder Grimm, France Preseren , Joze Plecnik, E.T.A. Hoffmann, Hermann Harry Schmitz und Ilna Ewers-Wunderwald, Marie Freifrau von Berlichingen-Jagsthausen und Harriet Sundstroem, Johannes Guthmann, Emile Verhaeren, Bertolt Brecht, Franz Fühmann, Ivo Andric, Jaques Brel, Jaques Prévert, George Brassens
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Hermann Harry Schmitz (1880-1913), ein feinsinniger und messerscharfer Satiriker aus Düsseldorf, zeigt sich als humorvoller Conférecier der Kaiserzeit. Nicht nur der Alltag und die feine Gesellschaft seiner Heimatstadt, sondern auch andere "Skurrilitäten" der beginnenden Moderne weckten sein Interesse - die Kultur der frühen Pauschalreise, die Errungenschaften aktueller Moden, aber auch und gerade den Umgang mit neuer Technik nahm er nahezu surrealistisch aufs Korn. Seinen besonderen Argwohn erregten die Vorlieben der gutbürgerlichen Schichten für glückverheißende Statussymbole wie etwa für die "Beste Kaffeemaschine der Welt", den "Hosenrock" des Pariser Schneiders Paul Poiret oder das höchstleistungsfähige neue Auto mit einem sich selbst erneuernden "Biosprit" und Farbwahlmodus passend zur Garderobe - die Erlebnisse seiner Protagonisten mit diesen schildert er auf bemerkenswerte und aus heutiger Sicht teilweise geradezu visionäre Art und Weise. In seinen Rezensionen und Betrachtungen zeitgenössischer Bücher und Theateraufführungen gibt er mit sprachlicher Raffinesse ausdrucksvolle und hochreflexive Einblicke in bis heute wenig bekannte Aspekte des damaligen Kulturlebens - gerne auch mit Zuspitzungen im Sinne eines Oscar Wilde, seines hochverehrten Vorbildes - nicht nur in Fragen des Auftretens.
Zu seinen Lebzeiten waren die Grotesken, die ursprünglich einer Kolumne im "Düsseldorfer Generalanzeiger" entstammten, so erfolgreich, daß sie tatsächlich dazu beitrugen, dem Kurt-Wolff-Verlag die Finanzierung etwa der Werke von Franz Kafka zu ermöglichen. Schmitz´ Satire "Die Bahnhofsmission" schaffte es gleich in den "Simplicissimus", nebst Karikatur von Th. Th. Heine; seit deren Erscheinen nannte er sich in bewundernder Anspielung auf Heinrich Heine mit zweitem Namen Harry.
Schmitz' Groteske
"Der überaus vornehme Friseur"
auf
vom 28. und 29. April 2018
"Der Dandy vom Rhein", Hg: Michael Matzigkeit
Droste Verlag, Düsseldorf 2005
Beinhaltet eine ausführliche und bis in überraschende Details hinein zusammengestellte Sammlung von Texten, Berichten, Korrespondenzen aus und um das Leben von Hermann Harry Schmitz herum - samt historischen Ansichten von seinen Reisezielen und Aufenthaltsorten.
Ilna Ewers-Wunderwald (1875-1957)
gehörte zu der Künstlergruppe, die sich mit Hermann Harry Schmitz , Erich Nikutowski, Max und Alice Clarenbach, Kurt Kamlah, Hedda und Herbert Eulenberg, Victor M. Mai und natürlich ihrem damaligen Ehemann Hanns Heinz Ewers am Stammtisch um 1910 herum im Düsseldorfer Lokal Rosenkränzchen traf.
Über Ilna Ewers-Wunderwalds Kunst schrieb Hermann Harry Schmitz in seinem Essay "Der Mann mit der Maske":
...eine besondere Würdigung als abgeschlossenes Kunstwerk in sich sich verlangen die Zeichnungen von Ilna Ewers-Wunderwald, die jedem Zyklus vorangesetzt sind und den Gedichten ihr Leitmotiv geben.
Mit einem feinen Verständnis, mit einem exquisiten künstlerischen Geschmack hat diese geniale Frau für "Moganni Nameh" einen eigenen persönlichen Stil gefunden. Eine seltsame Suggestion geht von diesen Blättern aus, eine hypnotische Kraft, etwas Lockendes steckt in diesen Schwarzweißphantasien, von welchen einige, so paradox es auch klingen mag, auf mich direkt als farbige Sensationen von außerordentlicher Intensität wirken. Ich möchte sagen, daß in dem farbigen Moment überhaupt das Geheimnis der Ilna Ewersschen Kunst und der berauschenden, suggestiven Wirkung ihrer Blätter zu suchen ist. Ich erinnere an die eigentümlliche auffallende Anziehungskraft, die die Ausstellung ihrer farbigen Werke hier in Düsseldorf, wie auch in der Berliner Sezession - die Kollektion geht jetzt, einer Einladung folgend, nach London - allgemein auf das Publikum ausübte.
Sehr geistreich und treffend charakterisierte der Kritiker der "Frankfurter Zeitung" diese einzig dastehende Farbentechnik: "Man denkt sich einen Beardsley in der Farbenpracht Herkomerscher Emailmalerei und man hat nur einen ganz vagen Begriff dieser Kunst, die sich eben mit nichts bereits Vorhandenem vergleichen läßt. Vielleicht mußten ein Beardsley, die japanische und die indische Kunst vorhergehen, daß dieses Talent auf ihrem Acker reifen konnte; aber hier kann man höchstens von Anregung, nicht von Anlehnung, geschweige denn von Nachahmung reden. ...
Aus der Unterhaltungsbeilage zum Düsseldorfer Generalanzeiger vom 27. 2. 1910,
zitiert nach:
Hermann Harry Schmitz, Der Aesthet und andere Tragikomödien, Hg: Bruno Kehrein und Michael Matzigkeit
Haffmanns Verlag Zürich, 1988
Der Mann mit der Maske (Zu dem Gedichtband "Moganni Nameh" von Hanns Heinz Ewers), , S. 172 f
Diese "geniale Frau", Schwester des Düsseldorfer Malers Wilhelm Wunderwald und Cousine von Gustav Wunderwald (1882-1945), begleitete nicht nur Buchveröffentlichungen, besonders die von Hanns Heinz-Ewers, mit dem sie bis 1912 verheiratet war, mit ihren Bildgebungen, sie entwickelte auch eine zarte zeichnungsaffine Maltechnik mit farbiger Tusche, die besonders durch ihre Lebendigkeit fesselt und die teilweise auf die Tätowierkunst und auf die Flower-Power Kunst der Hippie-Aera vorbereitend erscheint. Sie unternahm zahlreiche Reisen, u. a. nach Indien und Südamerika, auf Capri entdeckte sie mit ihrem Mann die "Grotta Maravigliosa", eine vielfarbig schimmernde Sensation neben der Grotta Bianca und der legendären Blauen Grotte. Sie entwarf Mode und Menuekarten für die Hamburg-Amerika-Linie und verkehrte um die Jahrhundertwende auf den sich etablierenden Kabarettbühnen in der Wiener Fledermaus und trat im Berliner Ueberbrettl auf, hier interpretierte sie zum Beispiel den "Standhaften Zinnsoldaten" von Victor Hollaender. Von ihr stammt auch der Einband der Partitur der Oper "Die toten Augen" des Eugene d' Albert mit dem Textbuch von Hanns Heinz Ewers und Marc Henry.
Der Künstlergruppe im Rosenkraenzchen war die Übertragung englischsprachiger und französischer Literatur ein besonderes Anliegen. Hedda Eulenberg in etwa ist auch heute noch als Übersetzerin Edgar Allan Poes geläufig, Ilna Ewers-Wunderwald brachte Texte von Theophile Gautier ins Deutsche so zum Beispiel die "Mademoiselle Maupin" - mitsamt ihrer Lebensart.
Sie lebte in Düsseldorf, später zog sie sich mit der Bildhauerin Ellie Unkelbach nach Allensbach an den Bodensee zurück.
Johan Tobias Sergel (1740-1814) und Carl Michael Bellman (1741-1795)
waren befreundete Künstler, die sich während der Regierungszeit und mit Förderung von Gustav dem Dritten von Schweden (1746-1792), in Stockholm etablieren konnten. Gustav III, ein Neffe Friedrichs des Zweiten (des Großen) von Preußen, wurde am französichen Hof erzogen und versuchte Stockholm ein kulturelles Leben einzuhauchen nach dem großen Vorbild des "Sonnenkönigs", Ludwigs dem XIV.
Sergel, ursprünglich eher ein Steinmetz, konnte sich in Italien zum Bildhauer ausbilden und prägte entscheidend das Erscheinungsbild der schwedischen Kultur im späten 18. Jahrhundert unter dem "Zauberkönig" oder "Theaterkönig", dessen tragisches Ableben in Verdis Maskenball beschrieben wird. Zum einen tat Sergel dies durch seine plastischen Arbeiten; zu nennen wäre unter vielen anderen, großenteils mythologischen Darstellungen, etwas eine Statue des von ihm sehr verehrten Monarchen, die in ihrer tänzerischen Leichtigkeit nach dem Vorbild des "Apollo von Belvedere" ein gewisses Gegenbild zu den überlieferten Darstellungen seines preußischen Onkels in Potsdam zeigt.
Zum anderen aber fertigte er viele Zeichnungen aus dem Stockholmer Alltag an und überlieferte damit die Physiognomien zahlreicher damals lebender Persönlichkeiten. Die Skizzen bestechen nicht nur durch ihren Witz und die schwunghafte Ausdrucksfähigkeit ihres ebenso sicheren wie spontanen Strichs, sie sind für die Kulturwissenschaft auch höchst wichtige Zeugnisse der Lebenswirklichkeit in Schwedens "Goldenem Zeitalter", das zuweilen heute noch gerne als vom Schimmer des "gustaviansk" besonnt, beschworen wird.
Sergel und Bellman waren für den König unerläßliche Bindeglieder zum Volk. Anzutreffen waren sie beide, wie man auch Sergels Zeichnungen entnehmen kann, häufig in den sehr zahlreichen Wirtshäusern oder "Krügen" in Stockholm oder bei gesellschaftlichen Veranstaltungen, Tanzvergnügen oder Ausflügen zu den beliebten Picknicken im Djurgarden, Umland oder am Mälarsee. Bellman verlieh den ihn umgebenden Menschen Gestalt, indem er deren Liebesgeschichten, Händel und Trinkfreuden realistisch abbildete, sie aber teilweise gleichzeitig in das Gewand der Paulusbriefe kleidete. Diese werden hier, in "Fredmans Episteln" und Liedern nicht nur parodiert, sondern bekommen in lockerer Melange mit griechischer, römischer und nordischer Mythologie eine ganz eigene Botschaft - die der Menschenzugewandtheit und des "Leben und Lebenslasssens" voll der Anteilnahme an den Sorgen und Fährnissen dieser ganz normalen, nicht immer sehr gut gestellten Menschen. Gleichzeitig verleiht er ihnen, dem Fredman einem "Uhrmacher ohne Werkstatt und Laden", Mollberg, "Rittmeister ohne Pferd und Schabracke", Korporal Lövberg, dem zugewanderten Deutschen, der nur notdürftig schwedisch spricht Jergen Puckel, der sich dann auch noch dem Teufel verschreibt und natürlich den ihnen zugesellten Damen eine poetische und transzendente Gestalt. So verehren sie zum Beispiel Ulla, eine schwedische Frau, die nicht nur Freia oder Venus, sondern auch "Priesterin in Bacchi Tempel" ist. Folgerichtig sind ihre Jünger auch nicht Mitglieder einer Gemeinde oder Anhänger eines Dichterordens, sondern natürlich des Bacchusordens.
Sein überaus poetisches und leichtes Fredman-Lied Nr. 64, welches ist ein Loblied auf Haga-Park und den König, entstand im Zusammenhang mit den beginnenden Bauarbeiten am Haga-Park mit dem Schloss, in dem heutzutage Kronprinzessin Victoria mit Ihrer Familie lebt.
Bellman war nicht nur auf poetischem, auch auf musikalischem Gebiet ein mitreißender Improvisationskünstler, dessen Melodien nicht immer sicher zu bestimmen sind und bis heute eine Herausforderung für die Musikwissenschaft darstellen. Ludwig van Beethoven fand offensichtlich Gefallen an seinem Wiegenlied (vaggvisa) "Lilla Charles" und setzte es für Streicher. Bellman wiederum, der eine großer Verehrer Mozarts war, verfasste nach dessen Ableben in Zusammenarbeit mit Joseph Martin Kraus, dem Hofmusiker Gustavs einen musikalisch-poetischen Nachruf auf diesen.
Ernst Moritz Arndt berichtet in seinen Reisedarstellungen in bewundernden Tönen über die beiden Künstler, Rainer Maria Rilke schrieb gleich eine ganze "Ode an Bellman", Carl Zuckmayer verfasste angeregt durch Wilhelm Fraenger ein Stück über sein Leben "Ulla Winblad oder das Leben des Carl Michael Bellman"; auch viele andere wie Klabund, H.C. Artmann, Fritz Grasshoff, Peter Rühmkorff aber auch Reinhard Mey, Hannes Wader, Klaus Hoffmann, Harald Juhnke, Gerhard Polt und Manfred Krug interpretierten seine Lieder.